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Klage gegen Milieuschutz für Riehmers Hofgarten
Im Alleingang hat Baustadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg, Florian Schmidt, seine Verwaltung im Januar 2020 angewiesen, die Traditionsimmobilie „Riehmers Hofgarten“ (Block 205) unter Milieuschutz zu stellen. | Foto: GraceKelly, CC BY-SA 3.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0, via Wikimedia Commons

Klage gegen Milieuschutz für Riehmers Hofgarten

21. April 2021

Der nächste Willkürakt des Investorenjägers Schmidt

Einem Alleinherrscher vergleichbar, der sich über alle Verwaltungswege hinwegsetzt, hat der Baustadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg, Florian Schmidt, seine Verwaltung im Januar 2020 angewiesen, die Traditionsimmobilie „Riehmers Hofgarten“ (Block 205) unter Milieuschutz zu stellen. Und das obwohl die Verwaltung bereits im März 2019 kein Bedürfnis für eine Ausweitung des bereits bestehenden sozialen Erhaltungsgebiets Hornstraße auf das Objekt „Riehmers Hofgarten“ festgestellt hatte.

Aus der Aktenlage geht eindeutig hervor, dass die erneute Prüfung ausschließlich „auf Wunsch des Stadtrats“ erfolgte. Bemerkenswert ist die Tatsache, dass der Vorgang für diesen Bezirk formal abgeschlossen war.

Dagegen wehrte sich der Eigentümer, die börsennotierte Accentro mit einer Normenkontrollklage beim OVG Berlin-Brandenburg, die er inzwischen einreichte, wie die Berliner Morgenpost soeben berichtete.

Bereits im Jahr 2004 wurde für benachbarte Blöcke das soziale Erhaltungsgebiet „Hornstraße“ festgesetzt (GVBl. 2004, S. 495), welches mit Rechtsverordnungen vom 14. Juni 2018 (GVBl. 2018, S. 452) und vom 19. Februar 2019 (GVBl. 2019, S. 211) erweitert wurde.

Im Rahmen der vorgenannten Erweiterungen des Gebiets wurde Riehmers Hofgarten untersucht. Als Ergebnis der Untersuchungen wurde festgestellt, dass für diesen Block die Voraussetzungen zum Erlass einer sozialen Erhaltungsverordnung nicht vorlägen. So heißt es im „Endbericht 2015“ wörtlich: „Block 205 In dem Block 205 ist das Verdrängungspotential räumlich begrenzt. Rund 42 % des Wohnungsbestandes ist in Eigentumswohnungen umgewandelt worden, die meisten davon in den letzten beiden Jahren in der Wohnanlage „Riehmers Hofgarten“. In diesen Wohnungen wurden im Zusammenhang mit der Umwandlung bereits Modernisierungsmaßnahmen, auch die auch die nach der EnEV erforderliche energetischen Maßnahmen, durchgeführt und die Wohnungen sind zum größten Teil wieder vermietet worden. Es ist davon auszugehen, dass in diesem Wohnungsbestand in den nächsten Jahren keine weiteren Maßnahmen mehr erfolgen. Zudem sind die Einkommensverhältnisse überwiegend günstig, der Block 205 weist im Vergleich zum gesamten Untersuchungsgebiet den geringsten Anteil von Haushalten mit prekären Einkommensverhältnissen auf. Eine Verdrängungsgefahr besteht somit nur für einen vergleichsweise kleinen Bestandteil der Gebietsbevölkerung.“ Im Ergebnis wurde der Block 205/Riehmers Hofgarten ausgenommen vom Erhaltungsgebiet.

Das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg beauftragte dann jedoch – auf persönlichen Wunsch des Stadtrats die Firma argus GmbH/S.T.E.R.N mit einer erneuten Untersuchung des Blocks 205. In einer Mail des Fachbereichs Stadtplanung vom 18.03.2019 heißt es dazu:

Nach Abgabe eines Angebotes beauftragte das Bezirksamt dann die „Bietergemeinschaft argus/S.T.E.R.N.“, ohne – wie ansonsten offenbar üblich – drei Vergleichsangebote einzuholen.

Für Alleingänge bekannt - Baustadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg, Florian Schmidt | Foto: BERLINboxx

Senatsverwaltung irritiert über den Vorstoß von Stadtrat Schmidt

Anfang Dezember 2019 reagierte die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen irritiert auf die Pläne des Bezirks. Wörtlich hieß es in einer Mail: „Nach unserem Kenntnisstand gab es in den letzten Jahren im Ergebnis einer Voruntersuchung die Entscheidung, den Block nicht in eine Erweiterung des Erhaltungsgebiets einzubeziehen. Von daher legen wir Wert darauf, vor unserer Stellungnahme zum geplanten Bezirksamtsbeschluss die Begründung einzusehen. Zudem möchte ich darauf verweisen, dass im März 2019 das Gebiet Hornstraße bereits erweitert wurde. Auch im Jahr 2018 gab es eine Erweiterung des Gebiets. Lässt sich das alles nicht stärker zeitlich konzentrieren, bzw. sind zeitnah noch weitere Erweiterungen geplant?“ Darauf antwortete der Bezirk mit Mail vom 10. Dezember 2019, in der die Pläne wiederum allein mit dem „Wunsch des Stadtrats“ begründet wurden: „Auf Wunsch des Stadtrats wurde der Block 205 erneut untersucht, da zwischen der Untersuchung im Jahr 2015 und heute einige Jahre verstrichen sind.“

Am 14. Januar 2020 wurde die Verordnung zur „Änderung der sozialen Erhaltungsverordnung“ für das Gebiet „Hornstraße“ im Gesetz- und Verordnungsblatt veröffentlicht und trat am 15. Januar 2020 in Kraft.

Klageeinreichung des Eigentümers

Die Normenkontrollklage des Eigentümers Riehmers Hofgarten Grundbesitz GmbH/Accentro AG richtet sich gegen fachliche und sachliche Fehler in der Begründung:

  • Die Veröffentlichung enthielt keine textliche Begründung für die Festsetzung des Erhaltungsgebiets.
  • Die streitgegenständliche Erhaltungsverordnung ist wegen beachtlicher Verstöße gegen höherrangiges Recht unwirksam.
  • Die materiellen Voraussetzungen für eine Milieuschutzverordnung sind nicht gegeben.
  • Rechtswidrigkeit der Verordnung: Keine Verdrängungsgefahr, die zu negativen städtebaulichen Folgen führen würde.
  • Generelle methodische Schwächen der Untersuchung/Plausibilitätsdefizite.

Die Anwälte des Klägers unterstellen „politische Interessen“ und kommen zu dem Ergebnis, dass die soziale Erhaltungsverordnung rechtswidrig und unwirksam sei, weil die Tatbestandsvoraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage nicht vorliegen. So sei bereits zweifelhaft, ob im Block 205 überhaupt eine relevante Verdrängungsgefahr bestehe. Jedenfalls aber seien keine negativen städtebaulichen Folgen vorgetragen oder erkennbar, zu denen eine solche Verdrängung führen könnte.

Und wie schon beim Mietendeckel werden auch in diesem Fall der politischen Willkür beachtliche Verstöße gegen höherrangiges Recht gesehen. Wo bleibt die politisch seriöse Berechenbarkeit, auf die sich Bauherren verlassen müssen, hört man aus der Immobilienwirtschaft. Jedenfalls nicht im Reich von Baustadtrat Schmidt in Friedrichshain-Kreuzberg. (ko)